21.03.25
Capella Cracoviensis
Freitag, 21. März, 19 Uhr
Samstag, 22. März, 14 Uhr
Capella Cracoviensis
Haydns Pariser Symphonien
Capella Cracoviensis
Thomas E. Bauer – Bariton
Jan Tomasz Adamus – Leitung
Violine I: Agnieszka Światkowska, Radosław Kamieniarz, Robert Bachara, Aleksandra Owczarek
Violine II: Bartłomiej Fraś, Zofia Wojniakiewicz, Maria Zborowska, Katarzyna Pokrzywa
Viola: Anna Krzyżak, Mariusz Grochowski
Violoncello: Aleksandra Buczyńska-Kusak
Kontrabass: Marco Lo Cicero, Rafał Makarski
Flöte: Ksenia Orłowska
Oboe: Bettina Simon, Guillaume Cuiller
Horn: Felix Polet,
Paweł Dziewoński
Fagott: Krystof Lada, Michaela Bieglerova
Trompete: Paweł Gajewski, Marian Magiera
Pauke: Tomasz Sobaniec
Programm I
Freitag, 21. März, 19 Uhr
Joseph Haydn (1732 – 1809)
Symphonie Nr. 83 g-Moll „Die Henne“
I. Allegro spiritoso
II. Andante
III. Menuetto – Trio
IV. Finale. Vivace
Wolfgang Amadé Mozart (1756 – 1791)
„Alcandro, lo confesso“ – „Non so donde viene“
Scena für Bass und Orchester KV 512
Joseph Haydn
Symphonie Nr. 84 Es-Dur
I. Largo. Allegro
II. Andante
III. Menuetto – Trio
IV. Finale. Presto
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PAUSE
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Joseph Haydn
Symphonie Nr. 85 B-Dur „La Reine“
I. Adagio – Allegro
II. Romanze. Allegretto
III. Menuetto – Trio
IV. Allegro con spirito
Wolfgang Amadé Mozart
„Per questa bella mano“
Arie für Bass, Kontrabass und Orchester KV 612
Kontrabass Solo: Marco Lo Cicero
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Konzertdauer: ca. 55 Min. │ Pause │ ca. 35 min.
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Programm II
Samstag, 22. März, 14 Uhr
Joseph Haydn (1732 – 1809)
Symphonie Nr. 82 C-Dur „Der Bär“
I. Vivace assai
II. Allegretto
III. Menuetto – Trio
IV. Finale. Vivace
Wolfgang Amadé Mozart (1756 – 1791)
„Alcandro, lo confesso“ – „Non so donde viene“
Scena für Bass und Orchester KV 512
Joseph Haydn
Symphonie Nr. 87 A-Dur
I. Vivace
II. Adagio
III. Menuetto – Trio
IV. Finale. Vivace
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PAUSE
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Joseph Haydn
Symphonie Nr. 86 D-Dur
I. Adagio – Allegro spiritoso
II. Capriccio. Largo
III. Menuetto – Trio
IV. Allegro con spirito
Wolfgang Amadé Mozart
„Per questa bella mano“
Arie für Bass, Kontrabass und Orchester KV 612
Kontrabass Solo: Marco Lo Cicero
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Konzertdauer: ca. 55 Min. │ Pause │ ca. 35 min.
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Zum Programm
„Man hat bei fast allen Konzerten Symphonien von Herrn Haydn aufgeführt. Jeden Tag nimmt man sie besser wahr, und als Konsequenz bewundert man um so mehr die Produktionen dieses großen Genies, das es in jedem seiner Stücke so gut versteht, aus einem einzelnen Thema so reiche und verschiedenartige Entwicklungen abzuleiten, im Unterschied zu jenen anderen unschöpferischen Komponisten, die ständig von einer Idee zur nächsten weitergehen, ohne eine einzige in veränderten Formen präsentieren zu können, und die ohne Verbindung und Geschmack mechanisch Effekt auf Effekt häufen.“
Dieser in der musikalischen Begründung erstaunlich konkrete Kommentar aus dem einflussreichen „Mercure de France“ vom April 1788 zeigt, welchen Status Joseph Haydns Symphonien im Pariser Konzertleben in den Jahren zuvor erlangt hatten. Stück für Stück hatten sie die größeren Orchesterwerke anderer Komponisten verdrängt. Hatte Haydns Anteil am symphonischen Repertoire in der französischen Hauptstadt im Jahr 1781 noch 17 Prozent betragen, so lag dieser 1788 bei sagenhaften 90 Prozent.
Die Verantwortlichen des „Concert de la Loge Olympique“ – neben dem „Concert spirituel“ der wichtigste Pariser Konzertveranstalter – hatten also drei Jahre zuvor ganz offensichtlich auf das richtige Pferd gesetzt, als sie Haydn mit der Komposition von sechs Symphonien beauftragten. Die Werke, die dieser lieferte und die vermutlich 1788 erstmals in Paris aufgeführt wurden, setzten neue Maßstäbe und waren maßgeblich dafür verantwortlich, die Gattung endgültig als angesehensten Bestandteil im Konzertwesen zu etablieren. Der Komponist, der seinen berühmten Worten zufolge „von der Welt abgesondert“, also in der Abgeschiedenheit seiner Esterházyischen Wirkungsstätte „original“ werden musste, konnte für seine später als „Pariser Symphonien“ bezeichnete Werkgruppe auf all das zurückgreifen, was er in den Jahren zuvor auf symphonischem Gebiet erprobt und erreicht hatte. Es spricht aus ihnen eine unmittelbar zugängliche Souveränität und Abgeklärtheit beim Umgang mit Orchesterapparat, Formgestaltung und – siehe den „Mercure“-Kommentar – Themenverarbeitung. Gleichzeitig spürt man sein Vergnügen, mit bestimmten Charakteristiken auf das französische Publikum einzugehen. So gibt er den Holzbläsern oft herausgehobene Stimmen, so dass sich manche Passagen oder ganze Sätze der in Paris so beliebten konzertanten Symphonie annähern. Oder er spielt – gerne mit einem Augenzwinkern – ganz bewusst mit dem Wissen und den Erwartungen einer zunehmend an seinen Stil gewöhnten Zuhörerschaft.
Warum die g-Moll-Symphonie Nr. 83 den Namen „La poule“ (Die Henne) trägt, wird im Kopfsatz schnell deutlich. Nachdem dieser im dramatisch voranstürmenden Stil von Haydns „Sturm- und Drang“-Symphonien (vom Anfang der 1770er Jahre) begonnen hat, hellt sich die Stimmung unversehens auf. Es folgt ein keck verziertes zweites Thema, das bald von „gackernden“ Tonwiederholungen in der Oboe begleitet wird. In der Durchführung und in der Reprise übernimmt die Flöte diesen Part. Wie bewusst Haydn mit den Bläsern umgeht, zeigt auch das Andante, in dem diese nur vereinzelt auftauchen, was die Flöten-Umspielung der wunderbaren Hauptmelodie bei ihrer Wiederkehr um so kostbarer erscheinen lässt. Eine für Haydns Humor typische Stelle findet sich ebenfalls im langsamen Satz: Nach der ersten Vorstellung des Themas plätschert die auf einer wiederholten Note verharrende Begleitung leiser werdend scheinbar endlos weiter. Es ist klar, dass gleich etwas Neues passieren wird, aber Haydn lässt uns zappeln…
Die Symphonie Nr. 84 in Es-Dur beginnt – wie dann auch die Nummern 85 und 86 – mit einer auf das kommende neugierig machenden langsamen Einleitung. Überraschend kommt in der Durchführung des Kopfsatzes eine plötzlich ins piano zurückgenommene Passage, die den Synkopen vom Ende der Durchführung einen ganz neuen Charakter verleiht. Im langsamen Variationensatz gewinnen die Bläser ab der zweiten Satzhälfte zunehmend an Bedeutung, um in der als Coda gestalteten letzten Variation schließlich eine veritable Kadenz im Stile eines Gruppenkonzerts oder eben einer „Symphonie concertante“ zu erhalten.
„La Reine“ (Die Königin) wird Symphonie Nr. 85 in B-Dur genannt, weil die Erstausgabe den Untertitel „La Reine de France“ trägt. Dies spielt vermutlich darauf an, dass Königin Marie Antoinette Schirmherrin der Konzerte der „Loge Olympique“ war. Nach der festlichen, mit punktiertem Rhythmus durchaus königlich einherschreitenden Einleitung kommt das anschließende Vivace erst allmählich in Gang, überrascht dann aber umso mehr mit einer Selbstreferenz: Haydn zitiert den Beginn seiner „Abschiedssinfonie“ (Nr. 45 fis-Moll) im Wissen, dass die Pariser dies erkennen würden, da sie 1784 zum Abschied der „Concerts spirituel“ aus der „Salle des Cent-Suisses“ erklungen war. Beim Thema des herrlichen Variationssatzes ist bezeichnend, dass man lange Zeit davon ausging, Haydn habe dabei auf ein französisches Volkslied namens „La gentille et jeune Lisette“ zurückgegriffen. Vermutlich entstand die Textunterlegung aber nachträglich, Haydn war es also vielmehr gelungen, den „Volkston“ perfekt zu treffen.
Auch die Symphonie Nr. 82 in C-Dur hat nachträglich einen Beinamen verpasst bekommen haben. „L’Ours“ (Der Bär) wird
sie dabei nicht wegen des leicht tapsigen Variationenthemas im zweiten
Satz genannt, vielmehr geht der Titel auf eine separate Veröffentlichung
des Finales mit seinem volkstümlich-tänzerischen Bordunbass in
Dudelsack-Quinten zurück, das offenbar Tanzbär-Assoziationen weckte.
Im ersten Satz der Symphonie Nr. 87 in A-Dur lässt Haydn die Exposition mit einem schlichten Staccato-Thema austrudeln und greift dies nach der Durchführung auf köstliche Weise wieder auf, indem nun die Reprise ganz lapidar loströpfelt… Wunderbar bläserbetont ist das Adagio, im dritten Satz wächst das Trio mit Oboen-Solo organisch aus dem Menuett heraus, das abschließende Vivace entwickelt luftige Bewegungsenergie.
Die D-Dur-Symphonie Nr. 86 hebt wie ein langsamer Satz
mit Variationen an, bis Pauken und Trompeten den repräsentativen
Charakter der Einleitung unterstreichen. Der Kopfsatz bleibt trotz der
festlichen Instrumentierung leichtfüßig und transparent, entwickelt
dafür aber in der langen Durchführung einiges an symphonischem Gewicht.
Überdurchschnittlich lang ist auch das Menuett mit seinem ausgedehnten,
fast durchführungsartigen Mittelteil, während der Finalsatz rastlos
voran stürmt und mit einem launig verzierten, vom Fagott später
unnachahmlich grundierten Seitensatz für gute Laune sorgt.
Die beiden Konzertarien, die wir heute zwischen Haydns Symphonien hören, komponierte Wolfgang Amadé Mozart für Sänger, die sich in seinen Opern bewährt hatten. Johann Ignaz Ludwig Fischer hatte bei der Uraufführung der „Entführung aus dem Serail“ 1782 den Osmin gesungen. Fünf Jahre später schrieb Mozart ihm für ein Benefizkonzert die „Scena“ (also eine Arie mit vorausgehendem Rezitativ) „Alcandro, Io confesso“ – „Non so donde viene“ in die Kehle. Der Text stammt aus dem über 70 mal vertonten Libretto „L’Olimpiade“ von Pietro Metastasio. Im Gegensatz zum polternenden Serail-Aufpasser Osmin durfte Fischer hier in die Rolle eines Mitleid zeigenden Königs schlüpfen. „Per questa bella mano“ (nach dem Text eines unbekannten Dichters) entstand 1791 für Franz Xaver Gerl, den ersten Sarastro in Mozarts „Zauberflöte“. Einzigartig macht diese Arie der Einsatz eines Kontrabasses als Soloinstrument. Diesen Part hatte Mozart für Friedrich Pischelberger vorgesehen, der im Orchester des Wiener Freihaustheaters mitwirkte, aber auch solistisch auftrat. Welch ein Virtuose er auf seinem Instrument gewesen sein muss, zeigen die mit Doppelgriffen gespickten Passagen, die nach der Einleitung auch immer wieder die vergleichsweise ruhig geführte Singstimme umspielen – zwei Bässe im Wettstreit um die Aufmerksamkeit des Publikums…
Dr. Juan Martin Koch (c) Kulturwald gGmbH
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Thomas E. Bauer
Thomas E. Bauer ist einer der faszinierendsten Vokalkünstler unserer Zeit. Begeistert wird er für die „virile Wucht”, „baritonale Klangschönheit“ und „präzise Diktion“ (Opernglas) seiner ausdrucksstarken Stimme gefeiert.
Als Konzertsänger gastierte Bauer zuletzt beim Orchestre Symphonique de Montréal mit Schönbergs „Gurreliedern“, beim Hong Kong Philharmonic, im Wiener Musikverein, in der Warschauer National-Philharmonie mit Mahlers „Das Lied von der Erde“, im Amsterdamer Concertgebouw mit Bachs Matthäuspassion unter der Leitung von Sigiswald Kuijken, beim Seoul International Music Festival, beim Brühl Haydn Festival mit der Capella Cracoviensis sowie beim Augsburger Mozartfest und Rheingau Musik Festival mit Bachs h-Moll-Messe. Er sang die Uraufführung von Jörg Widmanns Oratorium „ARCHE“ unter der Leitung von Kent Nagano zur Einweihung der Hamburger Elbphilharmonie (als CD bei ECM). Thomas E. Bauer sang Beethovens „Missa Solemnis“ unter Leitung von Philippe Herreweghe, Schuberts „Winterreise“ im Concertgebouw Brugge und die Matthäuspassion in Konzerten u.a. in Paris und Dijon mit der Capella Mediterranea unter Leitung von Leonardo García Alarcón.
Zuletzt war er auch zu erleben im Gewandhaus zu Leipzig, beim Beethovenfest Bonn mit Beethovens Liedzyklus „An die ferne Geliebte“, mit dem MDR Sinfonieorchester unter Simone Young und dem City of Birmingham Symphony Orchestra mit Jörg Widmanns Orchesterliedzyklus „Das heiße Herz“, mit Beethovens 9. Sinfonie mit dem Basler Kammerorchester unter Giovanni Antonini (jetzt bei SONY Classical), mit dem Shanghai Symphony Orchestra unter Yu Long, Jukka-Pekka Saraste und Shao-Chia Lü mit Orchesterliedern von Mahler und mit Kent Nagano und dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg mit Bach-Kantaten. Zu jüngeren Saisonhöhepunkten zählt die Uraufführung der Benjamin-Sinfonie von Peter Ruzicka mit dem hr-Sinfonieorchester unter Leitung des Komponisten.
Thomas E. Bauer war Artist-in-Residence des BOZAR Brüssel und hat mit dem Boston Symphony Orchestra unter Bernard Haitink, dem Concentus Musicus unter Nikolaus Harnoncourt, dem Orchestra Filarmonica della Scala unter Zubin Mehta, dem Gewandhausorchester unter Herbert Blomstedt und Riccardo Chailly und dem Tonhalleorchester Zürich konzertiert. Bei den Salzburger Festspielen war er zuletzt unter Ingo Metzmacher in Schuberts „Lazarus“, in der Berliner Philharmonie in Schönbergs „Jakobsleiter“ zu erleben. Auf der Opernbühne feierte er in Zimmermanns „Die Soldaten“ am Teatro alla Scala große Erfolge. Mehrere Opern-Uraufführungen hat er bestritten.
Thomas E. Bauer, Initiator des preisgekrönten Konzerthauses Blaibach, erfuhr seine erste musikalische Erziehung bei den Regensburger Domspatzen und studierte später Gesang an der Hochschule für Musik und Theater München.
Capella Cracoviensis
Die Capella Cracoviensis – Kammerchor und Orchester – fühlt sich der historischen Aufführungspraxis verpflichtet. Ihr Repertoire reicht von der Polyphonie der Renaissance bis zu romantischen Opern und Symphonien, die auf historischen Instrumenten aufgeführt werden. Die Capella Cracoviensis war bereits bei vielen renommierten Festivals und Konzerthäusern zu Gast, darunter das Concertgebouw Amsterdam, das Bachfest Leipzig, die Händel-Festspiele Halle, das Teatro Real in Madrid, die Opéra Royal de Versailles und das Theater an der Wien
Das Ensemble hat mit so bedeutenden Künstlern wie Christophe Rousset, Giuliano Carmignola, Paul Goodwin, Andrew Parrott und Paul McCreesh zusammengearbeitet. Zu den Erfolgen des Ensembles gehören die erste Aufführung von Wagners Werken in Polen auf historischen Instrumenten mit Waltraud Meier sowie Aufnahmen von Opern von Pergolesi und Porpora für Decca, Moniuszkos „Halka“ für Sony Classical und Vivaldis „Stabat Mater“ mit Jakub Józef Orliński für Erato
Im Mai 2018 startete das Ensemble das Projekt Haydn – The Complete Symphonies mit dem Ziel, Haydns gesamtes symphonisches Werk live aufzuführen und aufzunehmen. Die Capella Cracoviensis hat 2016 auch alle Sinfonien von Ludwig van Beethoven an einem einzigen Tag aufgeführt. An diesem ehrgeizigen Projekt waren die Dirigenten Paul Goodwin, Christophe Rousset, Eivind Gullberg Jensen, Evelino Pidò und Jan Tomasz Adamus beteiligt. Seit 2022 ist die Capella Cracoviensis der Hauptorganisator des Festivals Opera Rara Kraków
Entstanden ist die Capella Cracoviensis 1970 auf Initiative von Jerzy Katlewicz, dem damaligen Direktor der Krakauer Philharmonie, der Stanisław Gałoński mit der Gründung eines auf historische Aufführungen spezialisierten Ensembles beauftragte. Seit 2008 ist Jan Tomasz Adamus der Generaldirektor und künstlerische Leiter der Capella Cracoviensis.