05.01.25
Gershwin Piano Quartet
Sonntag, 5. Januar 2025, 18 Uhr
Mischa Cheung, André Desponds, Benjamin Engeli & Stefan Wirth
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Konzertdauer: ca. 50 Min. │ Pause │ ca. 50 min.
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Sergej Rachmaninov (1873–1943) Arr. Benjamin Engeli
Vocalise & Tarantella
Nikolaj Rimsky-Korsakov (1844–1908) Arr. Mischa Cheung
Scheherazade op. 35 – reloaded for (almost) 1001 strings
Soli Stefan Wirth & André Desponds:
Charles Trenet (1913–2001) Arr. Alexis Weissenberg
En avril à Paris
Hubert Giraud (1920–2016)
Sous le ciel de Paris (Improvisation André Desponds)
Johann Strauß (Sohn) (1825–1899) Arr. Benjamin Engeli
Kaiserwalzer op. 437
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PAUSE
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George Gershwin (1898–1937) Arr. André Desponds
Concerto in F
I. Allegro
II. Adagio – Andante con moto
III. Allegro agitato
Soli Benjamin Engeli & Mischa Cheung:
George Gershwin
Embraceable You (Arr. Earl Wild)
I Got Rhythm (Arr. Earl Wild)
George Gershwin
Love Is Here To Stay (Arr. André Desponds)
Fascinating Rhythm (Arr. Benjamin Engeli)
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Wenn die vier Herren des Gershwin Piano Quartets in die Tasten (und in die Flügel) greifen, werden die Möglichkeiten des Klaviers auf wundersame erweitert – nicht bloß vervierfacht, sondern potenziert. Ihr Blaibacher Programm bildet dies in allen Facetten ab und beginnt mit einem Stück, das eigentlich nur in seinen zahllosen Bearbeitungen bekannt ist. Sergej Rachmaninovs „Vocalise“ ist aber ursprünglich ein wortloses Lied für hohe Singstimme und Klavier aus seinen Romanzen op. 34. Die betörende Melodie wird in der Version des GPQ auf mannigfache Weise ausgesungen und umspielt. Näher am Original erklingt Rachmaninovs furiose „Tarantella“, denn sie stammt aus seiner Suite für zwei Klaviere op. 17.
Mehr als eine Bearbeitung ist das, was Mischa Cheung aus Nikolaj Rimsky-Korsakovs berühmtestem Orchesterwerk kondensiert hat: Als „reloaded for (almost) 1001 strings“ bezeichnet er denn auch seine Version der „Scheherazade“, in der er im Inneren der vier Flügel exotische Klangfarben entdeckt, einige Themen aus den vier Sätzen zu Wort kommen lässt, um am Ende Sindbads Schiff spektakulär an den Klippen zerschellen zu lassen. Auf welche Weise dabei die Melodie der titelgebenden Märchenerzählerin zu Wort kommt, sei hier nicht verraten…
Nach zwei Solonummern aus der französischen Hauptstadt mit Chansonflair – Charles Trenets „En avril à Paris“ im Arrangement von Alexis Weissenberg und einer Improvisation von André Desponds über Hubert Girauds „Sous le ciel de Paris“ – beschließt Johann Strauß’ „Kaiserwalzer“ den ersten Programmteil – vier Flügel im Dreivierteltakt.
In der zweiten Programmhälfte wendet sich das Quartett seinem Namensgeber George Gerswhin zu. In seinem „Concerto in F“ für Klavier und Orchester von 1925 stellte er eindrucksvoll unter Beweis, dass er auf dem Niveau seines Sensationserfolgs „Rhapsody in Blue“ weiterkomponieren konnte. In der klassischen dreisätzigen Konzertform gelang es ihm sogar, einerseits noch „romantischer“, andererseits noch „jazziger“ zu klingen als in der „Rhapsody“. So entwickelt sich aus dem Kontrast schwelgerischer Melodien im Stile Rachmaninovs mit Themen auf der Basis der Bluestonleiter und aus dem Spiel mit Tanzrhythmen (darunter Charleston und Black Bottom) ein faszinierend abwechslungsreiches Stück. Im Finalsatz zeigt Gerswhin sich dann sogar auf Höhe der modernistischen Strömungen seiner Zeit und bleibt doch immer mitreißend unterhaltsam.
Mit einigen von Gershwins unsterblichen Songs lässt das GPQ sein Programm ausklingen: „Embraceable You“ und „I Got Rhythm“ erklingen in den Solobearbeitungen der amerikanischen Tastenlegende Earl Wild, für „Love Is Here To Stay“ und „Fascinating Rhythm“ versammelt sich das Quartett dann wieder zu voller Besetzungsstärke.
Dr. Juan Martin Koch (c) 2025 Kulturwald gGmbH
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Das Gershwin Piano Quartet ist eine Formation von vier Pianisten, die an vier Flügeln ihre eigenen Arrangements von bekannten Werken aus der gesamten Musikgeschichte präsentieren. Mit seiner Mischung aus klassischer Virtuosität und jazziger Improvisationslust, seiner Kombination aus lyrischer Versonnenheit und unwiderstehlichem rhythmischen Drive sorgt es bei seinen Konzerten weltweit regelmäßig für Furore. Im Zentrum der Arbeit des Gershwin Piano Quartet steht immer die sehr persönliche Auseinandersetzung mit den gewählten Werken, welche die üblichen Grenzen der Interpretation weit überschreitet und von der originalgetreuen Transkription bis hin zur eigentlichen Neukomposition, zu Improvisations- und Remix-Techniken reicht.
André Desponds gründete das Ensemble 1996 in Zürich. Die ersten Konzerte konzentrierten sich noch ganz auf die Musik des Namensgebers George Gershwin, die mit ihrer stilistischen Offenheit noch immer einen wichtigen Bestandteil des Repertoires der Gruppe darstellt. Im Laufe der Jahre hat sich die Palette aber zusehend erweitert und umfasst inzwischen so unterschiedliche Musik wie eine mit vielen Loops und Klavierpräparationstechniken arbeitenden Version von Rimski-Korsakovs „Scheherazade“, eine auf zwei Sätze zusammengezogene Bearbeitung von Beethovens 5. Sinfonie, eine polytonale Auffächerung von Astor Piazzollas „Tango-Fuge“ aus „Maria de Buenos Aires“ bis hin zu einer integralen Neufassung von Gershwins „Concerto in F“.
Zu den vielen Auftritten des Gershwin Piano Quartets zählen unter anderem Konzerte beim Schleswig-Holstein Musik Festival, dem Klavierfestival Ruhr, im KKL Luzern, der Tonhalle Zürich, dem Konzerthaus Dortmund, dem National Palace of Culture Sofia (Bulgarien), dem National Center for the Performing Arts Beijing (China) und der Sala Sao Paolo (Brasilien).
Mischa Cheung
stammt aus einer schweizerisch-chinesischen Musikerfamilie. Er studierte bei Prof. Konstantin Scherbakov an der Zürcher Hochschule der Künste und übt heute eine umfangreiche Konzerttätigkeit aus, die ihn an renommierte Konzerthäuser und Festivals in viele Länder der Welt führt. Neben seiner Tätigkeit beim Gershwin Piano Quartet konzertiert Mischa Cheung als Solist und Kammermusiker und ist regelmäßig als Solist bei den Symphonic Game Music Concerts der Merregnon Studios zu Gast. Dabei konzertierte er u.a. mit dem London Symphony Orchestra, dem Hong Kong Philharmonic Orchestra, dem Netherlands Philharmonic Orchestra, sowie dem City of Birmingham Symphony Orchestra. In Zusammenarbeit mit der Choreographin Alexandra Bachzetsis war er als Pianist und Komponist an transdisziplinären Werken im Auftrag des Museum of Modern Art New York und des Art Institute of Chicago beteiligt. Im Jahr 2019 erschien seine vielbeachtete erste Studioaufnahme des Klavierkonzerts von Friedrich Gulda bei Solo Musica. Als Mitglied des Ensembles Spark gastierte er bei vielen internationalen Konzertreihen und wirkte bei Radio-, TV-, und CD-Produktionen, u.a. für die Deutsche Grammophon und Berlin Classics mit. Zudem pflegt Mischa Cheung eine Zusammenarbeit mit dem gemeinnützigen Schweizerischen Verein #guerillaclassics, bei dessen innovativen Konzertformaten er regelmässig auftritt. Mischa Cheung war langjähriger Assistent der Meisterklasse von Prof. Scherbakov und wurde 2022 von der Zürcher Hochschule der Künste zum Dozenten berufen. 2019 erhielt er den Kulturpreis (Sparte Musik) des Kantons Basel-Land.
Benjamin Engeli
fährt rund 1000 Kilometer Zug pro Woche und pendelt so zwischen seinen etwa 60 jährlichen Auftritten in den Konzertsälen Europas, seinen vielfältigen Jury-Aufgaben und Unterrichtstätigkeiten und seinem Engagement als Familienvater. Diese Vielseitigkeit widerspiegelt sich auch in einer grossen stilistischen Bandbreite als Pianist. In zahlreichen CD-Produktionen mit Werken von Bach über Brahms und Gershwin bis zur neuesten Musik hat er auf sich aufmerksam gemacht, und sein Repertoire umfasst über 50 Klavierkonzerte, eine grosse Zahl an Solowerken und praktisch die gesamte wichtige Kammermusikliteratur. Auf der internationalen Konzertbühne etablierte er sich zunächst als Mitglied des Tecchler Trios, mit dem er 2007 den ARD-Musikwettbewerb in München gewann. Inzwischen ist er Mitglied des Ensemble Kandinsky, des Hegar Trio und ein gefragter musikalischer Partner zahlreicher weiterer BerufskollegInnen.
André Desponds
gehört zu den wenigen Pianisten, die sich in einer Bach-Fuge oder einer Chopin-Ballade genauso zu Hause fühlen wie beim Improvisieren über „I Got Rhythm“. Kaum 16-jährig, tritt er in die Konzertausbildungsklasse von Sava Savoff an der Musikhochschule Zürich ein und wird an nationalen und internationalen Wettbewerben vielfach ausgezeichnet. Es folgen zahlreiche internationale Auftritte, so z.B. am Gasteig München, in der Philharmonie St. Petersburg und am UNO-Hauptsitz in New York, sowie diverse Fernseh-, Radio- und CD-Produktionen. Mit Künstlerpersönlichkeiten wie Noëmi Nadelmann, Thomas Dobler, Simon Estes, Andreas Vollenweider und Bettina Boller verbindet ihn eine langjährige musikalische Zusammenarbeit. Daneben entfaltet André Despondseine breitgefächerte musikalische Tätigkeit als Jazz-Improvisator, Stummfilmbegleiter oder Theater- und Filmkomponist. Aus der Fülle von Projekten seien nur einige herausgegriffen: Gründung des „Gershwin Piano Quartet“ (1996), das Theaterspektakel „L’homme Orchestre“ mit dem Clown Dimitri an den Luzerner Festwochen, sowie zahlreiche Orchesterpräsentationen für Kinder. 2006 kreierte er zusammen mit der Tänzerin Andrea Herdeg den musikalischen Tanztheater-Abend „Zal“, eine Hommage an Frédéric Chopin. André Desponds ist Dozent für Improvisation, Kammermusik und Schulmusik an der Zürcher Hochschule der Künste.
Stefan Wirth
ist ein hoffnungslos der Musik in all Ihren Formen verfallener Schweizerisch/Amerikanischer Doppelbürger, der mit seiner vierköpfigen Familie in Zürich lebt und so gut wie möglich versucht, seine verschiedenen Tätigkeiten unter einen Hut zu bringen. Als Pianist verschreibt er sich schwerpunktmässig der Neuen Musik und arbeitete als Mitglied vom Ensemble CNZ (Zürich, Schweiz) oder dem Ensemble Contrechamps (Genf, Schweiz) verschiedentlich mit Dirigent:innen und Komponist:innen wie Pierre Boulez, Beat Furrer, Enno Poppe und Rebecca Saunders zusammen. Im Theaterbereich hat er häufig mit Anna-Sophie Mahler und Christoph Marthaler zusammengearbeitet und war unter anderem an der Biennale Venedig (Italien), an der Deutschen Oper (Berlin) und der Volksbühne(Berlin) zu sehen. Stefan Wirth erhielt seine kompositorische Ausbildung bei George Benjamin, inzwischen umfasst sein Werkkatalog an die 30 Stücke für verschiedene Besetzungen. Im Frühjahr 2022 wurde seine Oper „Girl with a pearl earring“ nach dem gleichnamigen Roman von Tracy Chevalier am Opernhaus Zürich uraufgeführt und in der Kritikerumfrage des Magazins „Opernwelt“ als „Uraufführung des Jahres“ ausgezeichnet. Seit 2019 ist er Dozent für Klavier mit Schwerpunkt Neue Musik an der Musikhochschule Luzern HSLU (Schweiz).