30.01.25
Plácido Domingo
Donnerstag, 30. Januar 2025, 19 Uhr
Plácido Domingo – Bariton
Juliana Grigoryan - Sopran
James Vaughan - Klavier
------------------
Konzertdauer: ca. 40 Min. │ Pause │ ca. 40 min.
------------------
Umberto Giordano (1867–1948)
Nemico della patria
aus „Andrea Chénier“
Antonín Dvořák (1841–1904)
Lied an den Mond
aus „Rusalka“
Giuseppe Verdi (1813–1901)
Perfidi! – Pietà, rispetto, amore
aus „Macbeth“
Giacomo Puccini (1858–1924)
Intermezzo
aus „Manon Lescaut“
Quando m’en vo
aus „La Bohème“
Giuseppe Verdi (1813–1901)
Pura siccome un angelo
aus „La Traviata“
------------------
PAUSE
------------------
Franz Lehár (1870–1948)
Dein ist mein ganzes Herz
aus „Das Land des Lächelns“
Meine Lippen sie küssen so heiß
aus „Giuditta“
Enrique Granados (1867–1916)
Quejas, o la maja y el ruiseñor
aus „Goyescas“
Jacinto Guerrero (1895–1951)
Mi aldea
aus „Los Gavilanes“
Pablo Luna (1879–1942)
De España vengo
aus „El niño judío“
Manuel Penella (1880–1939)
Me llamabas, Rafaelilo?
aus „El gato montés“
------------------
Zum Programm
Wie
es großen Opernkomponisten gelingt, in einzelnen Arien oder Szenen die
komplexen Gefühlslagen ihrer Figuren an einem bestimmten Punkt der
Handlung zu konzentrieren oder deren Charakter in wenigen Minuten auf
den Punkt zu bringen, dürfen wir heute Abend in wunderbaren Beispielen
erleben.
In Umberto Giordanos „Andrea Chénier“ (1896) – zur Zeit
der Französischen Revolution angesiedelt – ist der Robespierre-Vertraute
Carlo Gérard der Gegenspieler des titelgebenden Dichters. In seinem
Monolog „Nemico della patria“ (II. Akt, 3. Szene) sitzt er über der
Anklageschrift, die Chénier des Hochverrats bezichtigen soll. Beim
Schreiben wird er sich seiner wahren Gefühle bewusst: Er handelt nicht
als Revolutionär, sondern als Getriebener seiner Gefühle für Maddalena
di Coigny. Mit Chénier will er nicht den „Feind des Vaterlandes“
vernichten, sondern seinen Nebenbuhler. Verzweifelt erkennt er an sich
selbst: „Wahr ist einzig die Begierde.“
Rusalka (tschechisch für
Nixe), die tragische Titelheldin aus Antonín Dvořáks „lyrischem Märchen“
von 1901, ist eine nahe Verwandte von Fouqués Melusine und Andersens
Kleiner Meerjungfrau. Um das Herz eines Prinzen zu gewinnen, will sie
Mensch werden. Nach der Warnung des Wassermanns vor diesem Schritt, der
sie sterblich machen würde, richtet sie im ersten Akt sehnsüchtig ihr
„Lied an den Mond“. Dieser soll als Mittler ihrer Liebe in die Gedanken
des Prinzen leuchten.
Im vierten Akt von Giuseppe Verdis
„Macbeth“ (1847) hat der Titelheld zunächst irritierend gleichgültig die
Nachricht vom Tod seiner Gattin zur Kenntnis genommen, die ihn zum
Königsmord angestachelt hat. In der Szene und Arie „Perfidi! … Pietà,
rispetto, amore“ schweifen seine Gedanken dann von den verräterischen
Feinden über die düsteren Prophezeiungen der Hexen zu dem trostlosen
Leben ohne „Mitleid, Achtung und Liebe“, das in erwartet. Sein
emotionaler Ausbruch gipfelt in der bitteren Erkenntnis: „Nur Flüche
werden deine Totenklage sein!“
Nach dem Intermezzo aus „Manon
Lescaut“ bleiben wir bei Giacomo Puccini: Im zweiten Akt von „La Bohème“
(1896) präsentiert sich die kecke Musetta vor dem Pariser Café Momus in
Begleitung ihres neuen Liebhabers. Das hindert sie freilich nicht
daran, in ihrem Walzer „Quando m’en vo“ ihren Verflossenen, den Maler
Marcello, nach allen Regeln der Kunst zu umgarnen…
Im zweiten Akt
von Verdis „La Traviata“ (1853) platzt der Besuch von Giorgio Germont
in das neue Liebesglück Violetta Valérys. In der Duett-Szene „Pura
siccome un angelo“ überredet er sie, die unschickliche, „vom Himmel
nicht gesegnete“ Beziehung zu seinem Sohn Alfredo zu beenden, um die
Heirat seiner Tochter zu ermöglichen. Zerrissen von ihren Gefühlen
verspricht sie schließlich, seinem Wunsch nachzugeben und den Geliebten
zu verlassen.
Im zweiten Teil des Programms begeben sich Plácido
Domingo, Juliana Grigoryan und James Vaughan in die Grenzbereiche
zwischen Oper und Operette. Dabei zeigt ihre Auswahl, dass
kompositorisches Handwerk und melodische Inspiration sich auch im
„unterhaltsamen Genre“ auf höchstem Niveau bewegen können.
Allen
voran Franz Lehár war ein Meister dieser Zwischentöne. Das beweist das
berühmte Lied des chinesischen Prinzen Sou-Chong „Dein ist mein ganzes
Herz“ aus seiner Operette „Das Land des Lächelns“ (1929). In der
melancholischen Sehnsucht der unsterblichen Melodie ist schon der
Entsagungsschmerz des Unhappy Ends der west-östlichen Liebe zwischen ihm
und der Wiener Grafentochter Lisa verborgen.
Unglücklich
resignativ endet auch „Giuditta“ (1934), obwohl Lehár das Werk als
„musikalische Komödie“ bezeichnete. Im vierten Akt hat es die entfernt
an Bizets Carmen erinnernde Titelheldin nach Nordafrika verschlagen.
Dort macht sie mit ihrem spanisch-maurisch angehauchten Lied „Meine
Lippen sie küssen so heiß“ dem Namen des Nachtlokals („Alcazar“), in dem
sie als Sängerin und Tänzerin arbeitet, alle Ehre.
Somit
geleitet uns diese Nummer zusammen mit „Quejas, o la maja y el ruiseñor“
(Klagelieder, oder das Mädchen und die Nachtigall) aus Enrique
Granados’ Klavierzyklus „Goyescas“ nach Spanien. Dort hat sich, eine
Tradition des spanischen Barock aufgreifend, ab der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts die Zarzuela als spezifisch spanische, zwischen Oper
und Operette angesiedelte Musiktheatergattung etabliert.
In
Jacinto Guerreros „Los Gavilanes“ (Die Sperber) von 1923 kehrt Juan, der
es in Peru zu Reichtum gebracht hat, in sein provenzalisches Heimatdorf
zurück, das er in seiner Auftrittsarie „Mi aldea“ sehnsuchtsvoll
besingt.
Inmitten des exotischen Kolorits von Pablo Lunas
Zarzuela „El niño judío“ (Das jüdische Kind, 1918) schwelgt Concha, die
ihren Geliebten Samuel auf der Suche nach seinem wahren Vater nach
Syrien und Indien begleitet, in Heimatgefühlen: „De España vengo“ (Aus
Spanien komme ich).
Manuel Penellas „El gato montés“ (Die
Wildkatze, 1916) erzählt mit beinahe veristischer Wucht die Geschichte
von Soléa, die hin- und hergerissen ist zwischen einer Liebe aus
Dankbarkeit zum Torero Rafael und ihrer Leidenschaft für den Banditen
Juanillo, genannt „El gato montés“. Zu Beginn des zweiten Aktes bereitet
Rafael sich auf den Stierkampf vor, der für ihn tödlich enden wird.
Soléa bindet ihm die Schleife und lässt sich auf seine Liebesschwüre
ein. Mit Plácido Domingo hören wir heute jenen Sänger in der Rolle des
Rafael, der mit seiner Gesamtaufnahme von 1992 nicht nur dieses Werk,
sondern auch die Zarzuela als Gattung in der internationalen
musikalischen Öffentlichkeit bekannt gemacht hat.
Dr. Juan Martin Koch (c) 2025
Kulturwald gGmbH
------------------
Plácido Domingo
Ein weltberühmter, vielseitiger Künstler: Plácido Domingo, der als einer der besten Opernsänger gilt, ist auch als Dirigent tätig und war ehrenamtlicher künstlerischer Leiter des Centennial Festival in der Arena di Verona sowie Generaldirektor der Los Angeles Opera und der Washington National Opera.
Sein Repertoire umfasst mehr als 150 Rollen, eine Leistung, die von keinem anderen Sänger erreicht wurde, mit über 4.400 Aufführungen. Er hat an über einhundert Aufnahmen mitgewirkt, über fünfzig Videos gedreht und zwölf Grammy Awards gewonnen. Er hat in drei Opernverfilmungen mitgewirkt: „Carmen“ von Francesco Rosi sowie „La Traviata“ und „Otello“ von Franco Zeffirelli. Sein Cavaradossi, der von über einer Milliarde Menschen live im Fernsehen aus Rom an den Originalschauplätzen und zu den Uhrzeiten der „Tosca“ verfolgt wurde, hat Geschichte geschrieben.
Er experimentiert mit dem Dialog zwischen Belcanto und Pop: Seit 1990 sang er mehr als zehn Jahre lang mit José Carreras und Luciano Pavarotti vor einem riesigen Publikum, das er für die Oper gewinnen konnte. Er sang die Uraufführungen mehrerer Opern, fördert die Zarzuela auf der ganzen Welt und tritt damit in die Fußstapfen seiner Eltern. Er leitet den renommierten internationalen Gesangswettbewerb Operalia, dessen Gründer er ist, um junge Sängerinnen und Sänger zu entdecken und zu fördern.
In den letzten Jahren war er 2014 als Graf Luna in „Il Trovatore“ zu
hören und ist seither für konzertante Aufführungen von vier weiteren
Opern zurückgekehrt: 2016 als Athanaël in „Thaïs“, 2017 als Francesco
Foscari in „I due Foscari“, 2018 für sein Rollendebüt als Zurga in „Les
Pêcheurs de Perles“, 2019 als Miller in „Luisa Miller“ und beim „Gala
Concert Carmencita & Friends“ 2022.
Neben seiner Tätigkeit
als Sänger ist er auch als Dirigent tätig. Er hat über 600
Opernaufführungen und Sinfoniekonzerte mit einigen der renommiertesten
Orchester dirigiert. Seit 2009 widmet er sich der Interpretation der
großen Rollen des Baritonrepertoires, insbesondere Verdi, und tritt auf
den großen Bühnen der Welt auf.
Zu den jüngsten Höhepunkten gehören seine Rückkehr nach Madrid: 2021 ins Auditorio Nacional und 2022 ins Teatro Real. Im Januar 2023 stand er zusammen mit José Carreras in Tokio auf der Bühne; er gab zwei Liederabende – in Palm Beach und an der Bayerischen Staatsoper – und konzertierte 2023 in Österreich, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Italien, Monte-Carlo, Portugal, der Schweiz sowie in Usbekistan und Kasachstan, in Mexiko und Südamerika, in Korea und China. Außerdem brachte er seinen Gesangswettbewerb Operalia nach Südafrika.
Nach der Pandemie nahm er seine Tätigkeit wieder auf und wurde im Sommer 2020 mit dem Österreichischen Musiktheaterpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Es folgten vielbeachtete Konzerte im Königspalast von Caserta (Neapel) und an der Mailänder Scala. Im Januar 2021 feierte er seinen 80. Geburtstag an der Wiener Staatsoper mit einer Aufführung von „Nabucco“, die live im ORF übertragen wurde, und im April 2024 führte er „Nabucco“ erneut konzertant in Paris auf und absolvierte anschließend eine Tournee durch Lateinamerika und Japan. Im Mai 2024 feierte er mit einem denkwürdigen Abend ein halbes Jahrhundert seit seinem Debüt in Salzburg, begleitet von einer außergewöhnlichen Besetzung großartiger Künstler, allesamt Gewinner von Operalia.
Im Jahr 2021 wurde er zum
„Ehrenbotschafter des Weltkulturerbes Spaniens“ ernannt und vom
spanischen Verband der Auslandskorrespondenten „für seinen
unvergleichlichen beruflichen Werdegang“ ausgezeichnet. Er wurde von
Kritikern als „Renaissancemensch“ bezeichnet und erhielt zahlreiche
Auszeichnungen für seinen Beitrag zur Kunst und sein humanitäres
Engagement, darunter die Presidential Medal of Freedom, Commandeur de la
Legion d'Honneur, die Ehrenritterschaft, den Orden del Águila Azteca en
México, die Gran Cruz de la Orden del Mérito Civil Isabel la Católica
und die Ehrendoktorwürde der Universitäten Oxford, Harvard, New York und
Salamanca sowie den CC Forum Award für humanitäres Engagement.
Seine außergewöhnliche künstlerische Laufbahn dauert seit über einem halben Jahrhundert ununterbrochen an.
Juliana Grigoryan
Die armenische Sopranistin Juliana Grigoryan gehört zu den vielversprechendsten Talenten ihrer Generation. Als Gewinnerin des Ersten Preises und des Publikumspreises beim Operalia-Wettbewerb 2022 stand sie bereits auf renommierten Bühnen wie dem Teatro alla Scala, der Metropolitan Opera, der Niederländischen Nationaloper, dem Teatro dell'Opera di Roma, dem Teatro Massimo di Palermo und der Arena di Verona. In ihrer Heimatstadt Eriwan stand sie im Oktober 2024 gemeinsam mit Plácido Domingo auf der Bühne der Aram-Khatschaturian-Konzerthalle, wo sie ein wunderbares Konzert mit außerordentlichem Publikumserfolg gab.
Juliana Grigoryan hat einen Abschluss
des Staatlichen Konservatoriums von Eriwan. Sie war Mitglied des Young
Artist Opera Programme in Eriwan. Juliana wurde zur Hauptpreisträgerin
des Internationalen Stanislaw-Moniuszko-Gesangswettbewerbs ernannt, wo
sie auch den Marcella-Sembrich-Kochańska-Preis und den Preis der
Kattowitzer Stadt der Gärten - Krystyna-Bochenek-Kulturinstitution
erhielt.
In der Saison 2022/23 gab sie verschiedene Haus- und
Rollendebüts, unter anderem an der Niederländischen Nationaloper als Liù
in „Turandot“ und als Mimì in „La bohème“ beim Ravenna Festival. Zu den
Konzerthöhepunkten zählten Auftritte in Basel, Budapest und Venedig
sowie Verdis Requiem mit Riccardo Muti in Ravenna, Rimini und Bologna. Im Jahr 2024 wurde ihr der renommierte Preis der Hildegard Behrens
Stiftung verliehen und sie hatte die Ehre, Bühnenpartnerin von Andrea
Bocelli während seiner Europatournee zu werden.
Zu ihren zukünftigen
Engagements gehören unter anderem Musetta in „La bohème“ in Parma, Mimì
in „La bohème“ in Bologna, an der Metropolitan Opera, am Liceu
Barcelona und an der Staatsoper München; Liù in „Turandot“ am Royal
Opera House Covent Garden, an der Metropolitan Opera und in Seoul,
„L'elisir d'amore“ in Hamburg, „I Capuleti e Montecchi“ und „Die
Zarenbraut“ in Berlin sowie ihr Debüt als Violetta in „La Traviata“ am
Royal Opera House Muscat.
James Vaughan
Der in Dublin geborene Musiker James Vaughan gilt seit langem als einer der führenden Konzertbegleiter und Gesangslehrer in Europa. Er schloss sein Studium der Musikwissenschaft und Komposition am Trinity College Dublin mit Auszeichnung ab und erhielt außerdem ein Fellowship des Trinity College London als Klaviersolist.
Er arbeitete als erster Assistent von Riccardo Muti bei siebzehn Produktionen an der Scala, darunter alle Produktionen des Verdi-Gedenkjahres 2001, und begleitete ihn bei allen Auslandstourneen und Festivals. Im Jahr 2002 wurde er zum Ersten Pianisten und Gesangslehrer am Teatro alla Scala di Milano ernannt.
Parallel zu seiner Tätigkeit in Mailand arbeitete James Vaughan auf Einladung des Musikdirektors James Conlon regelmäßig an der Opera Bastille in Paris. Seit 2007 pflegt er eine enge musikalische Beziehung zu Maestro Daniel Barenboim, dem Musikdirektor der Scala, mit dem er bei allen Produktionen zusammenarbeitete, darunter der neue Ring-Zyklus für das Wagner-Jubiläumsjahr 2013 und die legendäre Inszenierung von „Tristan und Isolde“ im Jahr 2007. Maestro Barenboim bat James Vaughan auch um seine Mitwirkung bei zahlreichen Tourneen, darunter zwei Mal zum Bolschoi-Theater in Moskau, nach Berlin (Staatsoper, Philharmonie), Tel Aviv, Buenos Aires, Tokio (BUNKA KAIKAN und NHK), Paris und Wien.
James Vaughan gibt regelmäßig Meisterkurse für Sänger und Pianisten in ganz Europa und Asien, zuletzt an der McGill University in Montreal und bei der Georg-Solti-Stiftung in Venedig, und ist regelmäßig in den Jurys internationaler Gesangswettbewerbe wie dem Viñas in Barcelona, dem Seoul International Singing Competition und dem VIDISC-Wettbewerb in Dublin vertreten.