Sonntag, 27. April, 18 Uhr
Vilde Frang, Julia Doyle & Kammerorchester Basel
Vilde Frang – Violine
Julia Doyle – Sopran
Baptiste Lopez – Violine & Leitung
Kammerorchester Basel
Violine 1: Baptiste Lopez, Eva Miribung, Mirjam Steymans-Brenner, Matthias Müller
Violine 2: Antonio Vinuales, Elisabeth Kohler Gomes, Tamás Vásárhelyi, Mathias Weibel
Viola: Mariana Streiff-Doughty, Anne-Françoise Guezingar, Stefano Mariani
Violoncello: Martin Zeller, Georg Dettweiler
Kontrabass: Peter Pudil
Cembalo: Sergio Ciomei
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Konzertdauer: ca. 35 Min. │ Pause │ ca. 45 min.
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Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)
Violinkonzert A-Dur nach dem Cembalokonzert BWV 1055
I. Allegro
II. Larghetto
III. Allegro man non tanto
„Jesus soll mein erstes Wort“
aus der Kantate „Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm“ BWV 171
„Erbarme dich“
aus der Matthäuspassion BWV 244
(für Sopran bearb. von Felix Mendelssohn Bartholdy)
„Laudamus te“
aus der Messe in h-Moll BWV 232
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PAUSE
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Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)
Konzert für zwei Violinen, Streicher und Continuo d-moll BWV 1043
I. Vivace
II. Largo ma non tanto
III. Allegro
„Auch mit gedämpften schwachen Stimmen“
aus der Kantate „Schwingt freudig Euch empor“ BWV 171
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847)
Sinfonia für Streicher Nr. 12 g-moll
I. Grave – Allegro
II. Andante
III. Allegro molto
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Neben seinen Verpflichtungen als komponierender und ausübender
Kirchenmusiker war Johann Sebastian Bach im Laufe seines Arbeitslebens
viele Jahre lang auch für größer besetzte Instrumentalmusik
verantwortlich: am Fürstenhof in Köthen (1717 bis 1723) und als Leiter
des Collegium musicum in Leipzig (1729 bis mindestens 1741). Von den
vielen Werken, die im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten entstanden
sein müssen, sind nur wenige überliefert. Ein Blick in Bachs
Komponierwerkstatt zeigt uns aber, wie er den großen Bedarf an neuen
Stücken in einigen Fällen abdeckte. So sind die meisten seiner
Cembalokonzerte Umarbeitungen früherer, ursprünglich für ein
Melodieinstrument geschriebener Werke .
Im Fall des
A-Dur-Konzerts BWV 1055 geht man von einer Originalversion als
Oboenkonzert aus; auch für Violine eignet sich das Werk aber, wie die
heute zu hörende Fassung zeigt. Das festlich gelöste Allegro mit seinen
durchgehend präsenten Anapäst-Bewegungsimpulsen (kurz-kurz-lang) und das
schwingende Dreiermetrum des finalen Allegro ma non tanto bilden den
Rahmen für den innigen Lamento-Tonfall des in Moll stehenden
Larghetto-Mittelsatzes.
Im d-Moll-Konzert für zwei Violinen BWV
1043, das um 1730 für das Leipziger Collegium Musicum entstand, ist die
Tonarten-Konstellation umgekehrt. In Moll stehen hier die beiden raschen
Außensätze, in denen Bach die beiden Violinen ganz selbstverständlich
als gleichberechtigte Solisten präsentiert. Sie lassen einander immer
wieder den Vortritt oder agieren – als Höhepunkte des finalen Allegro –
in parallelen Doppelgriffen als klangmächtige Einheit. Das Herzstück
bildet das wie auf einen Atem gesungene Zwiegespräch im F-Dur-Largo,
eines jener zeitlosen Bach-Wunder, an denen man sich nicht satt hören
kann.
In einem anderen Sinne „konzertant“ sind die Sopran-Arien
Bachs, die Julia Doyle im heutigen Programm singt. In ihnen rollt die
Solovioline der Gesangslinie zunächst einen roten Teppich aus, um sie
dann kunstvoll als instrumentaler Kommentar zu umspielen, zu ergänzen
oder ihr als Echo zu antworten. Die Arie „Jesus soll mein erstes Wort“
aus der Neujahrskantate „Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm“ BWV
171 (wahrscheinlich von 1729) ist eine Umarbeitung aus einem weltlichen
Werk. Wo in der Kantate „Zerreißet, zersprenget, zertrümmert die
Gruft“ von 1725 der „angenehme Zephyrus“ gebeten wird, sein „lauschend
Kühlen“ spielen zu lassen, wird hier nun Jesu Name gepriesen. Während
die Arie „Auch mit gedämpften schwachen Stimmen“ aus der Kantate zum 1.
Advent 1731 („Schwingt freudig Euch empor“ BWV 36) ebenfalls auf eine
weltliche Vorlage, eine Glückwunschkantate, zurückgeht, handelt es sich
beim berühmten „Erbarme dich“ aus der Matthäuspassion BWV 244 und beim
„Laudamus te“ aus dem Gloria der h-Moll-Messe BWV 232 um die
ursprünglichen Versionen.
Die Arie „Erbarme dich“ ist im
Original für eine Altstimme komponiert; für Sopran arrangiert hat sie
Felix Mendelssohn Bartholdy, der mit zwei Aufführungen der
Matthäuspassion (1829 in Berlin, 1841 in Leipzig) maßgeblich zur
Wiederentdeckung dieses Meisterwerks beigetragen hat. Von seiner
intensiven Beschäftigung mit Johann Sebastian, aber auch mit Carl
Philipp Emanuel Bach zeugen die zwölf zwischen 1821 und 1823
entstandenen Streichersinfonien, die das Wunderkind Mendelssohn in
seiner erstaunlichen Entwicklung zum frühvollendeten Meisterkomponisten
zeigen. Im ersten Satz der 12. Streichersinfonie g-moll folgt auf die im
Gestus einer barocken Ouvertüre gehaltene Grave-Einleitung eine
kunstvolle Doppelfuge, deren erstes Thema (ursprünglich für Orgel
konzipiert) direkt auf Vater Bach verweist, mit dessen Musik ihn sein
Lehrer Carl Friedrich Zelter vertraut gemacht hatte. Im anmutig
fließenden Andante-Mittelsatz klingt wiederum seine Auseinandersetzung
mit dem klassischen Stil eines Mozart an, während das finale Allegro
molto den ganz eigenen, ebenso ungestümen wie souveränen
Gestaltungswillen des gerade einmal 14-Jährigen auf beeindruckende Weise
unter Beweis stellt.
Dr. Juan Martin Koch (c) Kulturwald gGmbH
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Vilde Frang
Im Jahr 2012 wurde Vilde Frang einstimmig mit dem
Credit Suisse Young Artists Award ausgezeichnet, was zu ihrem Debüt mit
den Wiener Philharmonikern unter Bernard Haitink beim Lucerne Festival
führte. Ihre profunde Musikalität und außergewöhnlichen lyrischen
Fähigkeiten haben sie zu einer der führenden Geigerinnen ihrer
Generation gemacht. Sie tritt weiterhin regelmäßig mit den weltweit
führenden Orchestern auf, darunter die Berliner Philharmoniker, das
Concertgouw Orchestra, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks,
das London Symphony Orchestra, das Chamber Orchestra of Europe, das
Tonhalle Orchester Zürich, das Los Angeles Philharmonic, das Budapest
Festival Orchestra und das Cleveland Orchestra. Sie hat mit Dirigenten
wie Sir Simon Rattle, Bernard Haitink, Herbert Blomstedt, Esa-Pekka
Salonen, Mariss Jansons, Vladimir Ashkenazy, Ivan Fischer, Maxim
Emelyanychev, Jakub Hrůša, Vladimir Jurowski, Manfred Honeck, Teodor
Currentzis, Daniel Harding, Antonio Pappano, Lahav Shani, Paavo Järvi
und Yuri Temirkanov zusammengearbeitet.
Zu den Höhepunkten der
laufenden Saison gehören ihre Rückkehr zu den Berliner Philharmonikern
mit Kirill Petrenko sowie ihr mit Spannung erwartetes Debüt beim Chicago
Symphony Orchestra. Außerdem geht Vilde auf internationale Tourneen mit
dem Oslo Philharmonic Orchestra unter Tomi Mäkelä, dem London Symphony
Orchestra unter Antonio Pappano, dem Deutschen Symphonieorchester Berlin
unter Robin Ticciati, den Münchner Philharmonikern unter Mirga
Gražinytė-Tyla und dem London Philharmonic Orchestra unter Vladimir
Jurowski. Außerdem beginnt sie einen Bach-Zyklus mit dem Kammerorchester
Basel.
Als begeisterte und prominente Kammermusikerin tritt
Vilde regelmäßig beim Lucerne Festival, den BBC Proms in London, den
Festivals in Verbier, Lockenhaus, dem George Enescu Festival, den
Salzburger Festspielen und dem Prager Frühling auf. Außerdem gibt sie
regelmäßig Konzerte in der Carnegie Hall, im Concertgebouw, im Wiener
Musikverein, in der Philharmonie Berlin, in der Tonhalle Zürich und im
Bozar in Brüssel sowie in Nordamerika im Rahmen der Vancouver
Recital Series, Boston Celebrity Series und San Francisco Performances.
Vilde Frang kehrt als Artist in Residence in die Wigmore Hall zurück, wo
sie sich mit dem Ensemble für Alte Musik Arcangelo zusammentut und
später in der Saison mit Lawrence Power, Valeriy Sokolov, Denis
Kozhukhin und Maximillian Hornung Kammermusik aufführt, mit denen sie
eine enge Zusammenarbeit verbindet.
Vilde Frang ist eine
Exklusivkünstlerin von Warner Classics und ihre Aufnahmen wurden mit
zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Edison Klassiek Award,
der „Diapason d'Or“ vom Diapason Magazine, der Deutsche
Schallplattenpreis, der Grand Prix du Disque und zwei Gramophone Awards.
Die in Norwegen geborene Vilde Frang wurde im Alter von zwölf Jahren
von Mariss Jansons engagiert und debütierte beim Oslo Philharmonic
Orchestra. Sie studierte am Barratt Due Musikkinstitutt in Oslo, bei
Kolja Blacher an der Musikhochschule Hamburg und bei Ana Chumachenco an
der Kronberg Academy.
Sie spielt auf einer Guarneri del Gesu von 1734, die ihr von einem europäischen Mäzen großzügig zur Verfügung gestellt wurde.
Julia Doyle
Julia Doyle stammt ursprünglich aus Lancaster und studierte Sozial- und
Politikwissenschaften am Gonville and Caius College in Cambridge, bevor
sie eine Gesangskarriere begann. Seitdem ist sie in der ganzen Welt
aufgetreten und hat sich als Spezialistin für Barockrepertoire
etabliert.
Sie hat Bachs Johannespassion im Concertgebouw
Amsterdam (Sir John Eliot Gardiner) und in Toronto (Tafelmusik)
aufgeführt, die Matthäuspassion in der Alice Tully Hall in New York
(Philippe Herreweghe), das Weihnachtsoratorium in Sydney und Melbourne
mit dem Australian Chamber Orchestra (Richard Tognetti), BWV 202 mit
Music of the Baroque in Chicago (Nicholas Kraemer), BWV 199 mit Bach
Vereniging (Alfredo Bernadini), Mozarts „Exsultate Jubilate“ in der Cité
de la Musique in Paris (Arsys Bourgogne), seine Messe in c-Moll in
Budapest (Györgi Vashegyi), Händels „Occasional Oratorio“ bei den
Händel-Festspielen in Halle (English Concert), „La Resurezzione“ in der
Wigmore Hall (London Handel Orchestra), „Messiah“ in der Royal Albert
Hall mit dem Royal Philharmonic Orchestra (Richard Cooke) und im Schloss
von Versailles mit The King's Consort (Robert King), „Apollo e Dafne“
mit Concerto Kopenhagen (Alfredo Bernadini), Haydns Nelson-Messe auf den
Kanarischen Inseln mit dem Orchestra of the Age of Enlightement (Eamonn
Dougan), Haydns Paukenmesse und Beethovens Symphonie Nr. 9 mit der J.S.
Bach Stiftung (Rudolf Lutz), und Haydns „Schöpfung“ in der St. Paul's
Cathedral mit dem Orchestra of the Age of Enlightenment.
Julia
Doyle hat eine umfangreiche Diskografie, darunter Aufnahmen von Händels
„Messias“ mit der Britten Sinfonia und Polyphony (Stephen Layton) sowie
mit dem Bethlehem Bach Choir (Greg Funfgeld), „Israel in Egypt“ mit
Arsys Bourgogne (Pierre Cao), „L’Allegro“ mit dem Kölner Kammerchor
(Peter Neumann), Händel/Mendelssohns „Israel in Ägypten“ mit The King's
Consort (Robert King), Bachs Magnificat mit dem Dunedin Consort (John
Butt) sowie mit The Bethlehem Bach Choir (Greg Funfgeld), Bach-Kantaten
und die h-Moll Messe mit der J. S. Bach Stiftung (Rudolf Lutz),
Lutherische Messen mit The Sixteen (Harry Christophers), „Astro Nuevo:
En Torno a Rabassa“ mit dem Orquesta Barocca de Sevilla (Enrico Onofri)
und Lutoslawskis „Dwadziesci Koled“ mit dem BBC Symphony Orchestra
(David Zinman).
Zu den jüngsten und zukünftigen Engagements
gehören Mozarts c-Moll-Messe in Toronto mit Tafelmusik, Europatourneen
mit Vivaldis „Juditha Triumphans“ und „Messiah“ mit The King's Consort,
Händels „Aci, Galatea e Polifemo“ bei den Händel-Festspielen in Halle
(Peter Neumann), Aufführungen des „Messiah“ mit dem Royal Scottish
National Orchestra, City of Birmingham Choir, Rias Kammerchor sowie in
der Canterbury Cathedral und York Minster, eine Europatournee der
Johannespassion mit dem Orchestra of the 18th Century, Bach-Kantaten mit
dem Monteverdi Choir and Orchestra, Konzerte und Aufnahmen der
Johannespassion von Bach mit der J. S. Bach Stiftung (Rudolf Lutz), der
Matthäuspassion mit dem Orchestra of the Age of Enlightenment, Händels
„Occasional Oratorio“ mit dem Bayerischen Rundfunk (Akademie für Alte
Musik Berlin) sowie Liederabende mit dem Lautenisten Matthew Wadsworth
in Cambridge und Norfolk.
Kammerorchester Basel
Spiellust und musikalischer Entdeckergeist zeichnen das Kammerorchester
Basel seit seiner Gründung 1984 aus. Mit grosser Energie und
stilistischer Offenheit widmen sich die Musiker:innen einem breiten
Repertoire – von Alter Musik auf historischen Instrumenten über Wiener
Klassik bis hin zu zeitgenössischen Werken. Dabei entsteht ein
lebendiger, unverwechselbarer Klang, getragen von der Begeisterung für
gemeinsames Musizieren auf höchstem Niveau.
In Basel fest
verankert mit Abonnementreihen im Stadtcasino und dem eigenen Proben-
und Aufführungsort Don Bosco, genießt das Ensemble eine hohe
internationale Reputation. Über 100 Konzerte pro Saison insgesamt führen
das Orchester regelmässig auf große europäische Bühnen und zu
renommierten Festivals.
Ausgezeichnet mit dem Schweizer
Musikpreis 2019, begeistert das Kammerorchester Basel mit künstlerischer
Exzellenz und Ausdauer. Projekte wie Haydn2032, die Aufnahme und
Aufführung aller Sinfonien von Joseph Haydn bis 2032, unter der Leitung
von Giovanni Antonini oder die Einspielung der späten Haydn-Messen unter
der Leitung von René Jacobs zeigen die tiefe Lust an langfristiger,
kreativer Auseinandersetzung.
Immer wieder entstehen
inspirierende Partnerschaften mit Künstler:innen wie Sol Gabetta,
Christian Gerhaher, Alexandra Dovgan, Vilde Frang und dem Collegium
Vocale Gent. Die künstlerische Leitung liegt bei den
Konzertmeister:innen sowie Dirigent:innen wie René Jacobs, Heinz
Holliger, Delyana Lazarova oder Pierre Bleuse. Eine preisgekrönte
Diskografie und vielfältige Vermittlungsformate runden das lebendige
Wirken des Orchesters ab. Seit 2019 ist die Clariant Foundation
Presenting Sponsor des Kammerorchester Basel.